Kürzlich kamen Landwirte und Vertreter beteiligter Institutionen in Hohendodeleben zu einer ersten Beratung zusammen, um über das zweijährige Modellprojekt zur Durchführung von Agrar-Umwelt-Klima-Maßnahmen in Sachsen-Anhalt nach dem niederländischen Kooperationsmodell „Kooperativer Naturschutz in der Landwirtschaft“ zu informieren.
Abbau bürokratischer Hemmnisse
Dr. Jens Birger, Geschäftsführer der Stiftung Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt, leitete die Veranstaltung mit den folgenden Worten ein: „Unser Bundesland, speziell die Börde, geht damit neue Wege zu mehr Biodiversität, übernimmt eine Vorreiterrolle in Deutschland. In den Niederlanden werden die EU-Mittel im Agrar-Umwelt-Bereich seit 2016 nur noch über dieses Kooperationsmodell, was sich dort gut bewährt hat, ausgereicht. Es werden in Zukunft weniger Gelder zur Verfügung stehen und diese müssen noch effektiver genutzt werden.“ Der Bördeboden sei ein hochproduktiver Raum für Feldfrüchte. Konzepte wie das vorgestellte Kooperationsmodell könnten speziell zur Stärkung der Populationen von Rotmilan, Feldhamster und vielen Insekten und Feldvögeln auf unseren Ackerstandorten beitragen, so Dr. Birger.
Die Stiftung wird Träger der Maßnahmen sein. Das Neue an dem Modell ist, dass nicht jeder Landwirt einzeln Fördermittel beantragt, sondern dass die Stiftung das insgesamt übernimmt. Der Verwaltungsaufwand des einzelnen Bauern wird minimiert.
Die Landwirte haben zumeist gute Kenntnisse über schützenswerte Arten und Lebensräume in ihrem Umfeld und wählen gemeinsam mit der Stiftung aus einem Angebot an Maßnahmen diejenigen aus, die für die bei ihnen vorkommenden Arten förderlich sind. Im Anschluss bieten sie der Stiftung Flächen an, auf denen diese Maßnahmen angelegt werden können. Im gemeinsamen Diskurs zwischen beteiligten Landwirten, der Stiftung und der Naturschutzbehörden werden die am besten geeigneten Flächen für die jeweiligen Maßnahmen ausgewählt. Die Umsetzung der Maßnahmen wird von der Stiftung fachkundig begleitet, kontrolliert, ausgewertet und vor dem Fördermittelgeber verantwortet.
Weitere Interessenten gesucht
Projektbeginn war der 1. Januar 2020. Es werden noch weitere Landwirte gesucht, die sich für eine Beteiligung interessieren und Ackerbau im Projektgebiet betreiben. Das Gebiet erstreckt sich zwischen der B81 im Osten und Hohem Holz im Westen sowie zwischen Rottmersleben im Norden und Bodeniederung im Süden. Interessierte Landwirte sollten sich umgehend melden, denn bis Mai sollen bereits die Verträge unterschrieben sein.
Die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Börde begleitet die Stiftung, das ALFF und das MULE sind wichtige Partner. Das Projekt wird vorbehaltlich der ausstehenden Bewilligung finanziert vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie aus Mitteln des Landes Sachsen-Anhalt.
Die Projektflächen können nicht für die Erfüllung der EU-Greening-Vorgaben herangezogen werden. Einkommensverluste, die durch die jeweiligen Bearbeitungsvorgaben entstehen, werden durch Fördermittel ausgeglichen. Dem erhöhten Aufwand wird ein zusätzlicher Managementzuschlag gerecht.
Für die Erprobungsphase kann aus folgenden drei einfachen Maßnahmen gewählt werden:
1. Erbsenfenster: In Getreideschlägen sind kleinere Flächen mit Erbsen von 1600 Quadratmeter anzulegen, die Hasen, Vögeln und einer Vielzahl von Insekten und Schmetterlingen Nahrung und Unterschlupf gewähren. Bis 15. August sollen sie ungestört bleiben; dann sind Bearbeitung und Ernte möglich. Pflanzenschutzmittel, Rodentizide und Stickstoffdünger sind verboten, Wirtschaftsdünger bis 20 Kilogramm pro Hektar erlaubt. Mehrere Fenster pro Schlag sind möglich. Der finanzielle Ausgleich ist pro Fenster mit 260 € festgelegt. Diese Maßnahme ist auch für Öko-Betriebe zugelassen.
2. Streifen von extensiv angebautem Wintergetreide: Mit einer Ansaat in doppeltem Reihenabstand wird Feldhamster, Rotmilan und Insekten mehr Raum gegeben. Die Streifenbreite sollte zwischen 12 bis 36 Meter liegen. Insektizide, Herbizide und Rodentizide sind verboten; Fungizideinsatz ist möglich. Der Stoppelumbruch sollte nach dem 15.10. erfolgen. Getreidestreifen werden mit 508 € bis zu 604€ pro Hektar abgegolten.
3. Anbau von Sommergetreide: Der Anbau von Sommerdurum, Sommerfuttergerste oder Hafer sind geeignet, um Vorkommen von Feldhamstern, Rotmilan, Feldvögeln und Insekten zu fördern. Herbizide, Insektizide und Rodentizide sind verboten. Der finanzielle Ausgleich ist mit 409€ pro Hektar festgesetzt.
Erprobte Maßnahmen aus dem F.R.A.N.Z.-Projekt
Zwei dieser biodiversitätserhöhenden Maßnahmen sind unter fachlicher Begleitung der Stiftung Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt bereits im deutschlandweiten Projekt „F.R.A.N.Z.“ umgesetzt und für unsere Region sehr positiv für die Erhöhung der Artenvielfalt bewertet worden. Die Abkürzung F.R.A.N.Z. steht für „Für Ressourcen, Agrarwirtschaft & Naturschutz mit Zukunft“.
Merkblätter zu den einzelnen Maßnahmen werden in Kürze auf der Internetseite der Stiftung unter http://stiftung-kulturlandschaft-sachsen-anhalt.de/ veröffentlicht.
Zur Interessenbekundung gelangt man über folgenden Link: http://stiftung-kulturlandschaft-sachsen-anhalt.de/
Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie äußerte sich zum Projekt am 24. Januar 2020 in einer Pressemeldung: http://www.presse.sachsen-anhalt.de/
Weitere Informationen:
Dr. Jens Birger (Geschäftsführer Stiftung Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt)
Tel. 039209 / 202076 oder 0173 / 9737069
Comments are closed