Noch einmal verschärfte Düngevorschriften sind erdrückend
Ein geschlossener, bewährter, auf guter fachlicher Praxis beruhender und ökonomischer Stoffkreislauf läuft Gefahr, durch die für Ende März 2020 geplante Zuspitzung der Düngeverordnung von 2017 geschädigt zu werden.
Die Vorstandsvorsitzende der Agrargenossenschaft Emden eG Silke Fischer und Pflanzenbauleiter Michael Daul leiten einen gut funktionierenden landwirtschaftlichen Betrieb bei Haldensleben: 14 Mitarbeiter bewirtschaften 1070 Hektar. Davon sind 260 Hektar Grünland. Angebaut werden Getreide, Raps, Zuckerrüben und Silomais. Es gibt 423 Tiere, darunter 170 Milchkühe, 117 Mutterkühe sowie die Nachzucht. Bezogen auf die Flächengröße, sei der Tierbestand relativ niedrig, so Michael Daul.
sinnvolle Kreislaufwirtschaft
Seit 2004 gibt es eine Biogasanlage, die mit Gülle, Stallmist, Silomais und Gras betrieben wird. Sie liefert 16 Megawatt Energie pro Tag: Eigener Strom und selbsterzeugte Wärme für Milchviehanlage, Fermenter, Trocknung, Büro und Sozialräume. Übrig bleibt vergorenes organisches Material, der sogenannte Gärrest, welcher einen hervorragenden Dünger ergibt. Silke Fischer: „Wir haben alle Aufgaben, die uns gestellt wurden, erfüllt, auch unter den kniffligen Bedingungen, die jetzt schon ein Drittel unserer Fläche betreffen.“ Diese Flächen liegen in den sogenannten roten Gebieten, die als nitratbelastet eingestuft sind und bereits seit 2017 besonderen Düngevorschriften unterliegen. Vier Messtellen, die Aufschluss über die Nitratbelastung geben, befinden sich in der Umgebung der von der Agrargenossenschaft Emden bewirtschafteten Fläche. Deren Werte sind jedoch weit unter der zulässigen Grenze.
Der Bogen wird weiter überspannt
Silke Fischer weiter: „Wir sind ein Betrieb, der 14 Familien ernährt. Wir bilden aus und kümmern uns um alles auf dem Hof und dem Feld mit gut ausgebildeten Fachleuten und langjähriger Erfahrung. Tierwohl und Naturschutz liegen uns am Herzen“.Ihr junger Stellvertreter Michael Daul ist stolz auf die geleistete Arbeit im Betrieb, die Erträge, die Milchleistung und die gute Humusbilanz und fügt Fischers Betriebsbeschreibung hinzu: „Wir haben nichts falsch gemacht und wollen keine weiteren Reglementierungen mehr. Es reicht!“
Aber die Bundesregierung will die Düngeverordnung weiter verschärfen, um vor der EU gut dazustehen und wälzt die Verantwortung für erhöhte Nitratwerte einzig und allein auf die Bauern im Land ab. Die Neuregelungen sollen ab April 2020 gelten, wenn der Bundesrat in diesem Monat zustimmt. Das heißt für die landwirtschaftlichen Betriebe zusätzlicher Aufwand an Arbeit, Bürokratie und Technik. Auf der Grundlage von Bodenproben oder Richtwerten der Fachbehörde wird der Düngebedarf auf allen Schlägen ermittelt. Für die roten Gebiete soll es zukünftig weiter reichende Auflagen geben – wie zum Beispiel Reduzierung des ermittelten Düngebedarfs, verpflichtende Untersuchungen für Wirtschaftsdünger oder Verschärfung der Sperrfristen.
Regelungen setzen Abwärtsspirale in Gang
Weniger Dünger, weniger Ertrag, weniger Futter, weniger Kühe… Dauls Kritik zu den geplanten Neuregelungen geht noch weiter: Ein Feld mit hohen Nitratwerten, die auch durch Altlasten oder ungünstige Bodenbeschaffenheiten entstanden sein könnten, bekäme demnach noch weniger Dünger. Der Ertrag fiele geringer aus. Weniger Pflanzen – geringerer Nährstoffverbrauch (auch Salze wie das Nitrat) und so entstünde eine Spirale, die das Gegenteil erreiche, von dem was man beabsichtige. Silke Fischer ergänzt: „Zwei trockene Jahre brachten weniger Erträge, so dass die Düngebedarfsermittlung auf geringeren Durchschnittserträgen basiert und diese Spirale noch weiter hochdreht.
Hinzu käme für die Emdener Landwirte sicher der Bau eines weiteren Silos, um zusätzliche Lagerkapazitäten für Gärreste zu schaffen, weil in den Düngeverordnungsverschärfungen die Ausbringungszeiten immer mehr eingeschränkt werden. Michael Daul erläutert das: „Wir können nicht, wie beabsichtigt, in drei Herbstmonaten 12 000 Kubikmeter Gärreste ausbringen. Da sind andere Arbeiten dran. Es ist doch jetzt schon schwierig, obwohl wir, eingeschränkt noch im Frühling düngen dürfen. Wir hatten jetzt 120 Liter Regen pro Quadratmeter; da kann man nicht auf den Acker.“ Der Zeitraum wird immer enger. Dann also müssten sie Arbeit an Fremdfirmen mit entsprechender Technik abgeben, die teuer zu bezahlen wäre. „Wir benötigen für unsere Arbeit endlich wieder Planungssicherheit, erklärt Daul und fügt bitter hinzu: „Wir können doch nicht beständig neue Verordnungen umsetzen!“ Daul untersetzt die schwierige Situation noch mit Zahlen: Der Milchpreis läge mit 32 Cent pro Liter lange schon an der Schmerzgrenze und die Tonne Weizen bei aktuell 180 Euro, wobei die Erträge vom langjährigen Mittel, 86 Doppelzentner vom Hektar, im Vorjahr um 15 Prozent gesunken seien. Silke Fischer fügt an: „Kosten wie laufende Rechnungen, Pachtzahlungen, Löhne und der Kapitaldienst stünden aber immer an. Auch unsere Arbeitszeit liegt doch schon lange nicht mehr im Durchschnitt.“ Dazu kommt die durch die Trockenheit angespannte Futtersituation – das Depot ist klein, Zukäufe von Grundfuttermitteln, die unter normalen Bedingungen selbst ausreichend erzeugt werden, müssten ins Auge gefasst werden. Die gummigestiefelte Frau sieht das alles pragmatisch und schätzt ihre Arbeitszeit aktuell auf 50 Stunden und mehr.
Da jammert keiner, sondern sie zählen nur die Knüppel auf, die ihnen zwischen die Beine geworfen werden. Die verantwortungsvollen Betriebsleiter wollen weiterführen, was sie in Jahrzehnten aufgebaut haben. Und gerade deshalb und trotzdem gibt es ein jährliches Hoffest in der Agrargenossenschaft, Blühflächen mit Paten, Schulklassen schauen sich den Betrieb an und im „Seelschen Bruch“ entstand mit naturschutzfachlicher Begleitung ein 120 Hektar großes extensives Weideareal für Fleckvieh, Wasserbüffel und Ponys. Silke Fischer: „Auch Naturschutzleistungen kann keiner besser, als wir Landwirte.“
Text und Fotos: Barbara Ilse
Comments are closed