Die nächste Generation Landwirtschaftstechnik
Drescher mit einem 15 Meter breiten Mähwerk
Die Kabine dreht und senkt sich dabei. Ich kann einsteigen. Der Fahrer Peter Battige schließt die Tür der rundumverglasten Kabine hinter mir und trotz des Lärms draußen, ist es plötzlich sehr ruhig hier drinnen. Die Kabine fährt hoch, dreht sich ein und schon geht es los. Ich kann auf das von ganz hoch oben schräg auf kolossale Mähwerk schauen. Ein großes Display rechts neben dem Fahrer ist voller Zahlen, Diagramme, Wörter und Kamerabilder.
Auf einem der letzten Getreidefelder bei Großalsleben war gestern eine gigantische Maschine im Einsatz, die viele Schaulustige anzog, darunter etliche Landwirte, die den „Nexat“ bisher nur von der großen Agrartechnikausstellung „Agritechnica“ kannten. Landwirt Dr. Klaus Nehring (NIB agro, Oschersleben & Vorstand Bauernverband Börde e.V.) nutzte sein Netzwerk: Bei Freunden in Winnigen war die Technik im Einsatz und so lud Nehring die Nexat-Leute und ihren Mähdrescher auf seinen allerletzten Weizenschlag, die sogenannte „Espe“ ein. Hier konnten außer seiner eigenen Crew etliche Interessierte den „Nexat“ im Einsatz bestaunen; Agrarblogger waren vor Ort, eine Drohne flog übers Feld und Handyfotos wurden wohl zu Hunderten geschossen.
Robert Klaus und Jens Willeke von der Firma Nexat GmbH aus Rieste, einem 2017 gegründeten Familienunternehmen von Clemens und Felix Kalverkamp, beantworteten alle aufkommenden Fragen zu ihrer innovativen Technik. „Nexat“ steht für Next Generation Agriculture Technology.
Das Mähen ist nur eine der Möglichkeiten dieser Technik, denn es handelt sich um ein Wechselträgerfahrzeug. Außer Rübenroden und Maishäckseln sind alle Feldarbeiten, also Bodenbearbeitung, Aussaat, Düngung, Pflanzenschutz und Ernte, mit entsprechenden Anbaugeräten realisierbar. Das ist möglich, weil die GmbH mit namhaften Agrartechnikherstellern zusammenarbeitet, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Rumänien, Kanada, den USA oder Brasilien. Erstmals auf der Agritechnica 2022 vorgestellt und damals mit dem Innovationsaward ausgezeichnet, kann sich die mit zwei 550 PS starken Motoren ausgestatte Universallandmaschine selbst mit angehängtem Riesenmähwerk auf der Straße bewegen. Seit damals wird ständig weitergetüftelt und an den modernen Pflanzenbau angepasst. Der „Nexat“ mit Mähwerk, den heute Peter Battige über das vielleicht letzte in diesem Erntejahr abzumähende Weizenfeld in der Börde lenkt, ist Baujahr 2025. Lenken ist sowieso das falsche Wort. Das Feld ist vorher digital erfasst, die Fahrspuren festgelegt und selbst das Drehen am Feldende macht die Maschine allein – autonomes Fahren.
Es ist eher eine Aufsicht über die 6 Kameras am Display, die Feinjustierung und das Heranrufen der Abfahrer. „Die“, so Battige, „wollen wir eigentlich auf dem Feld gar nicht mehr haben. Die sollen am Vorgewende warten, bis ich dort bin.“ Es geht um die möglichst zu vermeidende Bodenverdichtung und den Kraftstoffverbrauch. „Nexat“-Mitarbeiter Robert Klaus erklärt das Prinzip der optimalen Gewichtsverteilung, der präzisen Maschinenführung, des Einzelradantrieb sowie den Wegfall zusätzlicher Achsen zur Vermeidung des „Bulldozing-Effektes“. (Beim Fahren auf dem Feld wird der Boden je nach Reifendruck verformt und das Rad sinkt ein. Es schiebt so eine Bodenwelle vor sich her, die ein ständiges Bergauffahren nötig macht.) Der Bunker/Korntank des „Nexat“ ist 32 Kubikmeter groß und die Überladegeschwindigkeit ist ungefähr dreimal so hoch wie bei normalen Mähdreschern; sie legt bei 650 Litern pro Sekunde. Peter Battige, der Mähdrescherfahrer ruft den Abfahrer per Funk und als er neben ihm fährt, ist der Hänger in einer halben Minute beladen. „Bist voll, kannst los“, lautet die kurze Funkmeldung.
Am Feldrand freut sich Dr. Nehring über das große Interesse an der Vorführung und über den schnellen Wechsel der fünf Abfahrer, die seinen Weizen direkt in das Lager nach Beckendorf bringen.
„Gute Ernte, gute Qualitäten in diesem Jahr mit perfektem, abschließendem Höhepunkt!“, fasst Dr. Klaus Nehring zusammen.






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