Allgemein-Ländlicher Raum-Verbandsnachrichten

Mehrere Dutzend Traktoren aus dem Verbandsgebiet des Bauernverbandes „Börde“ waren am 26. November 2019 im Rahmen einer Sternfahrt nach Berlin gefahren. Sie waren dabei ein Teil von mehreren Konvois, an deren Ziel zwischen Brandenburger Tor und dem Kreuz der B5 mit der A100 in 6 Reihen laut Polizeiangaben etwa 5.600 Traktoren standen. Mit über 10.000 Demonstranten brachten unsere Landwirte in einer Kundgebung ihren Unmut über die aktuelle Politik zum Ausdruck.

Verbraucherschutz wird großgeschrieben

Themenschwerpunkte in der Medienlandschaft waren die Düngung und der Pflanzenschutz. Es ist ein Irrglaube, dass Bauern einfach düngen oder spritzen können, wie es ihnen passt. Die bedarfsgerechte Versorgung der Nutzpflanzen mit Dünger ist in Deutschland sehr komplex geregelt. Zuletzt im Jahr 2017 trat eine weitreichende Reform des Düngerechts in Kraft, nach der neue Fristen und Obergrenzen für die Ausbringung von Dünger gelten. Zusätzlich müssen einzelflächenbezogen und auf Grundlage von Bodenproben und amtlich vorgegebenen Referenzwerten die Nährstoffbedarfe der Nutzpflanzen in komplexen und zeitraubenden Verfahren berechnet und dokumentiert werden. Experten gehen davon aus, dass es Jahre oder teilweise Jahrzehnte braucht, bis ein möglicher Effekt als Verbesserung der Grundwasserqualität sichtbar wird.
Im Bereich Pflanzenschutz führt der Staat sehr umfangreiche Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln unter Beteiligung mehrerer Behörden durch. Die Pflanzenschutzdienste der Bundesländer veröffentlichen Behandlungsempfehlungen bei Auftreten von Pflanzenkrankheiten oder Schadinsekten. Erst wenn eine bestimmte Schadschwelle überschritten ist, wird mit hochpräziser Technik Pflanzenschutzmittel durch die Landwirte ausgebracht.

Existenznöte als Konsequenz von Politik

Mehrere Redner aus der Bauernschaft zeigten in persönlichen Beispielen auf, wie sie von den aktuell vorgesehenen Verschärfungen und der fehlenden politischen Unterstützung betroffen sind. Ein aus über 900km Entfernung angereister Winzer sieht den seit Jahrhunderten in der Familie betriebenen Weinbau in existentieller Not, weil in sogenannten FFH-Gebieten „biodiversitätsschädigende Insektizide“ verboten werden sollen und seine Weinberge zu 100% darin liegen. Natürlich treten auch im Weinbau je nach Wetterlage jährlich unterschiedlich stark Schädlinge auf. Durch die Trockenheit der letzten beiden Jahre waren keine Insektizidbehandlungen notwendig. Doch wenn mal Schädlinge auftreten, will der Winzer nicht dabei zusehen wollen, wie die Ernte eines ganzen Jahres aufgefressen wird.

Widersprüchliche Auflagen

Dauerbrenner war das Thema Düngung. Viele Landwirte können nicht nachvollziehen, warum sie künftig die Düngung der Pflanzen 20% unter deren Bedarf ansetzen sollen, auch wenn das Grundwasser unter ihren Flächen nachweislich ohne Nitratbelastung ist. Das zehrt den Boden aus, führt zu Humusabbau und dadurch zur Freisetzung von klimaschädlichem CO2. Darüber hinaus geraten die zu erwartenden Erträge auf den Feldern in eine Abwärtsspirale, was zu weiteren Einkommensverlusten in wirtschaftlich eh schon angespannten Zeiten führt. In den nachweislich belasteten Gebieten gilt es die Ursachen der Grenzwertüberschreitung genau zu kennen und zu bekämpfen. Stammen die Einträge ins Grundwasser aus der Landwirtschaft, dann sollte man abwarten, wie sich die zuletzt auferlegten Verschärfungen tendenziell auswirken.

Politik von oben herab

Nach Einschätzung der Bauern hat die Politik auf der Kundgebung kein gutes Bild abgegeben. Umweltministerin Schulze sah sich einer sehr ruhigen Zuhörerschaft gegenüber. Nach einem Wortgefecht mit einem einzelnen Bauern verließ sie unter Pfiffen und Buhrufen die Bühne. Dass komplexe Herausforderungen differenzierte Antworten der Politik benötigen, scheint nicht Maßstab der deutschen Umweltpolitik zu sein. Man wird wohl auch künftig an schnellen Verboten festhalten, ohne die möglichen Zielkonflikte und Folgen ausreichend zu würdigen. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner nahm sich mehr als eine Stunde Zeit, um sich die existentiellen Sorgen der Landwirte anzuhören. Letztlich brachte sie aber zum Ausdruck, dass an den Einschränkungen kein Weg vorbeiführen wird, sie aber finanziell abgefedert werden.
Zufrieden machte sie die Bauern damit nicht. Denn sie möchten lieber für ihren Fleiß einen gerechten Preis bei den Agrarprodukten. Dann ließen sich Verbesserungen in Technologie, Technik und Umweltschutz ebenfalls umsetzen, so wie der Fortschrittsgedanke und das Streben nach mehr Nachhaltigkeit seit Generationen im Bauerntum verankert ist.

Hier kommt ein kurzes Video, dass uns die Google-Foto-App aus Fotos und Videos des Tages erstellt hat:

Tags:

Comments are closed