Allgemein-Ländlicher Raum-Tierhaltung

„Noch nach achtzehn Monaten in der Tiefkühltruhe sind Viren der Afrikanischen Schweinepest (ASP) nicht hinüber, selbst Pökeln oder Räuchern überstehen sie. Auch weil das Virus so stabil ist, ist der Tierseuche nur sehr schlecht beizukommen. Die anzeige- und bekämpfungspflichtige Viruserkrankung verläuft bei Haus- und Wildschweinen innerhalb von zehn Tagen nach der Ansteckung tödlich. Es gibt weder Impfstoffe noch Heilmittel dagegen. Menschen können sich nicht infizieren, können die Krankheit aber indirekt weiter verschleppen. Wie im Mittelalter hilft bei Auftreten der Seuche nur Keulung und Räumung der Bestände.“ So fasste es Dr. Sandra Wehmeier-Graf von der Task-Force Tierseuchenbekämpfung des Landesamtes für Verbraucherschutz bei einer Informationsveranstaltung in Hundisburg kürzlich zusammen, ehe sie über Biosicherheit in schweinehaltenden Betrieben referierte.

Dr. Sandra Wehmeier-Graf

Seuchenausbreitung in Polen bis an Deutschland heran

Zu diesem Erfahrungsaustausch über die Afrikanische Schweinepest (ASP) luden der Leiter des Amtes für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung des Landkreises Börde, Dr. Hans-Joachim Krohm und Amtstierarzt Stefan Brücher interessierte Betriebsleiter sowie Tierärzte aus dem Landkreis ein, denn die Tierseuche ist nach den letzten positiven Nachweisen in der Wildschweinpopulation West-Polens nur noch 20 km von der deutsch-polnischen Grenze entfernt.
Dr. Krohm verwies auf die verschärfte Lage und die darauf angepassten Schutzmaßnahmen, die sich auch aus den Erfahrungen betroffener Länder ergäben. Hier im Landkreis konzentriere man sich zu allererst auf die Schwarzwildbestände. Aktuell informieren die Mitarbeiter mithilfe von Plakaten an Raststätten und Parkplätzen entlang der Hauptverkehrswege über das Risiko, Speiseabfälle einfach wegzuwerfen. Weiterhin sollten Mitarbeiter im Lebensmittelbereich sorgsam mit den Abfällen verfahren. Den Jägern empfehle man mehr Abschüsse.
Tierarzt Stefan Brücher erläuterte, dass Wildschweine Indikator für ASP seien und dann würde es bedrohlich für die Hausschweinbestände. Brücher: „Im Landkreis Börde sind 450 Schweinehalter registriert, die mindestens ein Schwein halten. Insgesamt werden hier 225 000 Schweine gehalten und davon 110 000 in drei großen Betrieben.“ Mit der Prävention sei eine lokale Sachverständigengruppe befasst, die sich zusammensetze aus Vertretern der Jagd, THW, Feuerwehr, Schweinewirtschaft, dem Veterinäramt, dem Katastrophenschutz, sowie Mitarbeitern aus dem Umweltbereich und der Straßenwirtschaft.

Der Mensch ist die größte Gefahr für eine Einschleppung

Stefan Brücher

Als Verschleppungswege zählte Brücher auf: direkte Begegnungen von Haus-und Wildschweinen, Blut, Kadaver, pflanzliche Futtermittel, Wurstbrote und den illegalen Handel mit Jagdtrophäen. Ein Bild Brüchers wird den Anwesenden lange in Erinnerung bleiben: Die Gulaschkanone zwischen Vahldorf und Wedringen wird von Truckern gut angenommen. Das Foto zeigte den müllübersäten Platz nach dem Imbiss. Ein Festmahl für Wildschweine…
Dr. Wehmeier-Graf erläuterte ausführlich Biosicherheitsmaßnahmen, die Schweinehalter unbedingt einhalten sollten. Als Eintragswege der Seuche benannte sie Personen und Fahrzeuge, Schadnager, Vögel, Futter und Wasser. Große Probleme sind für sie wildschweinjagende Mitarbeiter, Schwarzwild am Maissilo, Speisereste als Futter und „Nachbarn“ die durch die Ställe streifen. Die Fachfrau verwies zudem auf die normale Aufzeichnungs- und Meldepflicht der Tierwirte.
Christian Apprecht, Geschäftsführer des Bauernverbandes „Börde“e. V. hofft auf die Mithilfe aller Bürger, um Risiken für die bäuerlichen Betriebe zu minimieren: Er mahnt zu höherer Aufmerksamkeit in Feld und Flur. Jedes tote Wildschwein ist an den Landkreis, untere Jagdbehörde oder dem Veterinäramt, zu melden. Aus Osteuropa sollten weder Wurst noch Fleisch mitgebracht werden, erst recht keine Wurstbrote weggeworfen werden. Rast- und Parkplätze sollten sauber und Abfälle in geschlossenen Müllbehältern sein, damit sich Wildtiere nicht bedienen können.
Apprecht: „Wenn die Seuche hier ausbricht, sind nicht nur die Schweinehalter betroffen. Der Landkreis könnte im Ernstfall Bearbeitungs- und Ernteverbote für alle Landwirte in den Restriktionszonen aussprechen.“


Allgemeine Informationen zu ASP

Die Afrikanische Schweinepest ist eine anzeigepflichtige Tierseuche, die ursprünglich auf den afrikanischen Kontinent und Sardinien begrenzt war und sich seit 2007 von Georgien aus auf die Nachbarländer ausbreitet. Einige der gemeldeten Ausbrüche seit Jahresbeginn 2020: Belgien 1 Wildschwein, Bulgarien 9 Hausschweine und 176 Wildschweine, Estland 12 Wildschweine, Polen 600 Wildschweine, Griechenland 1 Hausschwein, Rumänien 127 Hausschweine und 236 Wildschweine.
Die Bedrohung für Deutschland wurde vom Friedrich-Löffler-Institut (FLI) als hoch eingeschätzt. Detailliert wird es so beschrieben: „Das Risiko des Eintrags von ASP nach Deutschland durch illegale Verbringung und Entsorgung von kontaminiertem Material wird als hoch eingeschätzt. Das Risiko des Eintrags durch Erzeugnisse aus Schweinefleisch, die von infizierten Tieren stammen oder kontaminiert sind, entlang des Fernstraßennetzes durch Fahrzeuge oder Personen wird im Sinne eines „worst case scenario“ als hoch bewertet. (…) Das Risiko eines Eintrags der ASP durch infizierte Wildschweine wird in Gegenden, in der Nähe zu den betroffenen Gebieten in Belgien und Polen, als hoch beurteilt.“
Auf der Internetseite des Instituts (www.fli.de) gibt es viele aktuelle Angaben zu ASP.

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