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Am 28. September kamen auf Einladung des Deutschen Bauernverbandes und einiger Fachverbände aus dem Bereich der Weidetierhaltung Bundestagsmitglieder des Agrar- und des Umweltausschusses nach Stendal, um sich über die Wirksamkeit von Herdenschutzmaßnahmen gegen Angriffe des Wolfes zu informieren.

Herdenschutz praktisch erlebbar gemacht

Schäfer Ronald Gerecke stellte mit seiner Schnuckenherde dar, welche praktischen Herausforderungen das Einzäunen der Tiere mit sich bringt. Je nach Bewuchs müssen die Tiere regelmäßig umgekoppelt werden, mal enger stehen, mal weiter, um bestimmte Pflanzen verbeißen zu lassen oder anderswo den Einfluss der Tiere nicht zu stark werden zu lassen. Das Gelände erfordert besondere Aufmerksamkeit, um keine Schlupflöcher zu lassen und die Zaunhöhe möglichst überall hoch zu halten.
Gerecke beschrieb auch den Aufwand, den es braucht, um wesentlich höhere Netze zu transportieren und stabil aufzustellen. Bei schönem Wetter geht das noch. Stürmt es aber, gefriert Tau an den Netzen oder zieht ein Schneesturm die Netze runter, ist die Weidesicherheit nicht mehr gegeben. Auch Wildtiere, die in die Netze reinrennen und sie umreißen, können zum Problem werden.
Die Stromführung durch einwachsendes Gras oder aufliegende Litzen leidet, auch wenn zum Beispiel aufgrund der Trockenheit die Erdung des Zauns nicht richtig funktioniert und zu wenig Spannung am Zaun anliegt.

Kein Zaun bietet 100% Sicherheit

Unter dem Rauschen der naheliegenden Bundesstraße B189 und der ICE-Strecke Wolfsburg-Berlin diskutierten die anwesenden Verbandsvertreter, darunter auch der Präsident des Landesbauernverbandes Olaf Feuerborn, mögliche Alternativen und Hilfen. Der vielbeschworene Einsatz von Herdenschutzhunden ist umstritten. Gerade in Gebieten mit viel Publikumsverkehr entstehen Konflikte mit Spaziergängern, ihren Hunden oder Reitern. Auch ist nicht jeder Hund geeignet Schafe zu schützen. So wurde auch von Herdenschutzhunden berichtet, die Lämmer der eigenen Herde gebissen haben oder wo durch Wölfe am Zaun und die Unruhe in der Herde Schafe aus der Umzäunung ausgebrochen sind und den Raubtieren dann schutzlos ausgeliefert waren.
Letztlich führte ein Hütehund vor, wie leicht sich auch ein Zaun mit 1,40m Höhe überspringen lässt. Und berührt man den Zaun im Sprung und nicht den Boden, macht auch der Strom im Zaun keine Probleme mehr.

Verbände fordern Regulierung des Wolfes

Damit der Wolf die Furcht vor dem Menschen zurückgewinnt, seine Gegenwart und die Tierbestände meidet, sollte er nach Auffassung der Verbandsvertreter und Weidetierhalter bejagt werden. Die gezielte Entnahme von Tieren, die Herdenschutzmaßnahmen überwinden oder sich Menschen nähern, sollte ermöglicht werden.
„Der Naturschutz darf die Verantwortung für den Wolf nicht beim Herdenschutz und den Weidetierhaltern abladen, sondern eine Regulierung des Wolfsbestandes in Deutschland ist dringend erforderlich“, so Eberhard Hartelt, DBV-Umweltbeauftragter und Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd. Der vom neuen Bundesnaturschutzgesetz eröffnete und längst überfällige Einstieg in ein Wolfsmanagement müsse jetzt auch konsequent in der Praxis genutzt werden und darf nicht von den Ländern ausgesessen werden. „Die exponentielle Entwicklung des Wolfsbestandes führt zu wachsenden und zunehmend existentiellen Problemen für die Weidetierhalter. Ein aktives Wolfsmanagement ist unausweichlich zum Erhalt der Weidetierhaltung in Deutschland, ein Handlungsleitfaden für die Praxis liegt ausgearbeitet vom Aktionsbündnis Forum Natur vor. Die Spielräume des europäischen Naturschutzrechts, mit dem Länder wie Frankreich, Schweden und Finnland eine Schutzjagd zum Schutz der Weidetiere durchführen, müssen auch in Deutschland genutzt werden“, so Hartelt.

Koexistenz sichern

Mit der Bejagung fordert man keinesfalls die Wiederausrottung der Wölfe. Jedoch hängt eine Koexistenz von Wölfen und der für die Artenvielfalt in der Kulturlandschaft so wichtigen Weidetierhaltung davon ab, ob das Raubtier Lebensraum und Lebensweise abseits des Menschen findet. Bisher stellt der Mensch für Wölfe keine individuelle Gefahr dar. Doch eine Bejagung könnte das ändern, ihn zum Rückzug in entlegenere Gebiete bewegen. Das würde die Konflikte mindern und ihm eine Zukunft in Deutschland sichern.

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