Breite Teile der Gesellschaft von Politik enttäuscht
Die Unzufriedenheit mit der Art, wie Politik gemacht wird, schürt in breiten Teilen der Bevölkerung eine Politikverdrossenheit, die sich in einer Abkehr von den bisher als etabliert geltenden Parteien ausdrückt. In der Landwirtschaft wird vor allem beklagt, dass Entscheidungen in den Ministerien und Parlamenten nicht mehr anhand wissenschaftlicher Grundlagen gefällt werden und die immer kürzere Halbwertzeit von Rechtsgrundlagen Planbarkeit und damit Perspektiven raubt. Landwirte denken in Generationen und wollen ihre Betriebe entsprechend langfristig ausrichten. Politik scheint im Dauerwahlkampfmodus. Sie richtet sich nach gesellschaftlichem Mainstream, der je nach lautester Kampagne von verschiedenen Interessengruppen immer extremere Forderungen aufmacht und die Politik zu vorschnellen, unpraktikablen und teilweise kontraproduktiven Entscheidungen drängt.
Gut gemeint ist lange noch nicht gut gemacht
Prominentes Beispiel ist das Verbot der Neonicotinoide, einer bienenschädlichen Wirkstoffgruppe, die in Form von Saatgutbeize dazu dient, junge Nutzpflanzen vor Schädlingen zu schützen. Wenn durch den Wegfall der äußerst effizienten Beize Schädlinge nun per Ausbringung von anderen Insektiziden per Feldspritze bekämpft werden müssen, dann erhöht sich nicht nur die Menge Wirkstoffe, die ausgebracht wird, sondern auch der CO2-Ausstoß durch häufigere Behandlungsschritte mit weit weniger Effektivität. Gerade für die Zuckerrüben, die bereits vor der Blüte gerodet werden, stellt sich für die Landwirte die Frage nach der Sinnhaftigkeit des pauschalen Verbots. Denn Bienen sind auf Rübenäckern selten anzutreffen. Hinzu kommt in diesem Fall, dass in Nachbarstaaten die neonicotinoide Saatgutbeize erlaubt bleibt, was zu Wettbewerbsverzerrungen führt und inzwischen einen Beitrag für Arbeitsplatzabbau in der Zuckerindustrie hierzulande führt.
Folgenabschätzung politischer Entscheidungen unzureichend
Derartige Beispiele lassen sich für viele Produktionsbereiche der Landwirtschaft in Ackerbau, Tierhaltung oder Weinbau aufzählen, wo die Komplexität der Herausforderungen in Umwelt- und Tierschutz nicht ausreichend vor politischen Entscheidungen gewürdigt wird. Ohne Frage stehen auch die Landwirte für eine über Jahre vollzogene und in die Zukunft gerichtete Weiterentwicklung ihrer Praxis. Die Sicherheit der Verbraucher, zu denen Landwirte auch selbst zählen, der Schutz von Boden, Luft und Wasser, das Leben in und mit der Natur sind zentrale Werte der Landwirte.
Landwirte wollen ernstgenommen werden
Von der Politik fordern sie daher eine auf fachliche und wissenschaftliche Basis aufgestellte Entscheidungsfindung, die langfristige Perspektiven und das Ausmaß der Konsequenzen angemessen im Blick hat. Vor allem wollen die Landwirte ernstgenommen werden – nicht nur mit ihren Bedenken, sondern vor allem mit ihren Lösungsvorschlägen, die ihren Fokus auf das Machbare legen. Fachpolitiker sollen sich bei ihren Kollegen ebenso für fachlich richtige Entscheidungen stark machen und nicht den Unsitten der Politik in Form von Fraktionszwängen oder pauschaler Ablehnung von Anträgen der Opposition erliegen. Dazu gehört auch mal Entscheidungen gegen den gesellschaftlichen Mainstream zu treffen, die Hintergründe dafür zu erklären und getreu dem Grundgesetz seinem Gewissen zu folgen. Dann gewinnt Politik wieder an Glaubwürdigkeit und die Bauern können wieder ihrer eigentlichen Arbeit nachgehen, die Grundlage für unsere Ernährung zu sichern und damit die Kulturlandschaft zu pflegen.
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