Im Großen Bruch geht gar nichts ohne die Landwirte und Landeigentümer
Vom Landkreis für das Große Bruch angestrebt sind unter anderem die Verbesserung des Wassermanagements, die Überholung der technischen Anlagen und der ländliche Wegebau. Über die Artensofortförderung wurde ein Planungsbüro beauftragt, eine Machbarkeitsstudie vorzubereiten, die, wenn die ELER (Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums) -Richtlinien im zweiten Quartal veröffentlicht werden, über diese EU-Förderung erarbeitet werden soll. Enthalten soll der Antrag zur Finanzierung der Machbarkeitsstudie vornehmlich Angaben zum Moortyp, zur Renaturierungsfähigkeit, Potenziale und Einschränkungen, Entwicklungsziele, einen Maßnahmeplan und die Kostenschätzung dazu. Die Fördersumme beträgt maximal 750 000 Euro, wenn eine einhundertprozentige Förderung genehmigt wird. Der Antrag auf einen Probestau beim Landesverwaltungsamt ruht. Der einsame Beschluss des Kreistages ist Geschichte. Eine überarbeitete Skizze, unter Einbeziehung aller Standpunkte sowie dem auch zukünftig zugesicherten Mitspracherecht aller Akteure, wie Landwirte, Eigentümer, Pächter, Naturschutzorganisationen und -vereine, Wasserverbände und Behörden, wird den Kreistagsabgeordneten vorgelegt.
Unter Leitung von Dezernatsleiter Dr. Denis Gruber, fanden einige dieser Akteure nach über einem Jahr wieder im Oscherslebener Landratsamt zusammen, um über das Große Bruch und seine Zukunft zu debattieren.
Sascha Blaik von der Agrargenossenschaft eG Hamersleben sorgt sich sehr um die betriebliche Milchviehhaltung, die ihre Futtergrundlage aus dem Großem Bruch bezieht. Besorgte Verpächter und vorsichtige Kreditgeber trübten die Arbeit und auch die Zukunftsaussichten. „Ihr habt uns vergessen“, sagte er in Richtung der Landkreismitarbeiter.
Ebenso betroffen ist die extensive Wiesenbewirtschaftung und Weidekuhhaltung der Röder GbR in Wulferstedt. Bernd Röder kennt sich aus mit dem Großen Bruch, beobachtet seit Jahren die Veränderungen des rund 800 Hektar umfassenden Naturschutzgebietes und hat auf seinen Wiesen seit 2014 Messgeräte des Helmholtz-Instituts Leipzig und auch des Thünen-Instituts Braunschweig, welche umfangreiche Daten unter und über der Grasnarbe sammeln.
Genau das bemängelt Uwe Neumann vom Unterhaltungsverband Großer Graben, dem das Gebiet sehr am Herzen liegt. „Was wir hier erzählen, ist alles alt. Über die Jahre wurden so viele Studien erstellt. Daten sind genug da. Es scheitert immer an der Finanzierung. Und die muss langfristig gesichert sein, wenn es was bringen soll.“ Neumann bezeichnete einen Probestau als großes Risiko und erinnerte auch daran, dass man das Große Bruch weiter fassen müsse, denn das Wasser käme aus und fließe in einen größeren Umkreis.
Auch Norbert Kurzel, Landwirt und Bürgermeister von Hordorf, war in so vielen Arbeitsgruppen, besuchte unzählige Sitzungen zum Thema Großes Bruch, arbeitete an etlichen Studien mit und beobachtete immer auch das Gebiet am Großen Graben. Kurzel sagte: „Materialien liegen vor. Auch den Staubeirat gab es schon. Nichts ist dabei rausgekommen.“
Helge Beckurs, Landwirt und Agrarberater, wies darauf hin, dass wenn man das Wasser anstaue, keine kostendeckende Produktion besonders für Milchviehbetriebe mehr möglich sei. Wasserstände müssten für die jeweiligen Grünlandblöcke festgelegt, die Wirtschaftlichkeit errechnet und manche Flächen eben aus der Nutzung genommen werden. Entschädigungen wären dann fällig.
Alle waren Landwirte waren sich einig, dass die gesellschaftliche Forderung nach höherer Kohlendioxidbindung durch Moore auch durch die Gesellschaft getragen werden sollte. Es gäbe Beispiele für ähnliche Projekte, bei denen ein großer Teil der Fördergelder zum Flächenankauf genutzt würden, so Neumann. Nichts zu machen, wäre allerdings ein großer Fehler, fügt der Fachmann an.
Für Urban Jülich, Vorsitzender des Bauernverbandes, gehen auch hier Landwirtschaft und Naturschutz nur zusammen, denn das Große Bruch ist eine Kulturlandschaft mit Wertschöpfung über Generationen. Im Großen Bruch sollte das Wasser so unter der Grasnarbe stehen, dass landwirtschaftliche Nutzung möglich ist und die vorhandenen Moorschichten gehalten werden. „Die Landwirte müssen im Staubeirat vertreten sein und einen Schlüssel für die Wehre an ihren Flächen bekommen.“ Jülich sieht etliche Betriebe in ihrer Existenz gefährdet, für die eine Entschädigung pro Hektar nicht die Lösung sein kann. Auch die Wertminderung für die Flächeneigentümer wäre enorm. Entschädigung müsse ja auch nicht sein, schränkte Jülich ein, wenn alle zufrieden wären. Sollte jedoch mehr Wasser im Großen Bruch auf größeren Flächen Weide- und Wiesenbewirtschaftung unmöglich machen, müsse das ehrlich und früh genug gesagt werden, so Jülich. Er resümiert: „Aus unserer Sicht kann das Projekt nur gelingen, wenn die Interessen der Landwirtschaft, des Naturschutzes und des Hochwasserschutzes betrachtet werden.“
Auch Dr. Wolfgang Nehring aus Beckendorf bemängelt, dass viele Landeigentümer, auch auf Grund des angekündigten Probestaus, nicht aktiv angesprochen würden, obwohl dort überschlägig mindestens 160 000€ Pacht pro Jahr flössen. Die Auftaktveranstaltung im vorjährigen Januar hätte auch hier zu großer Unsicherheit geführt. „Das Große Bruch hat sich in den letzten Jahren sehr verändert; es ist in der Wasserführung sehr träge. Die Landwirte wollen Naturschutz im Einklang mit landwirtschaftlicher Bewirtschaftung“, betont er und fügt hinzu: „Die Landwirte müssen miteinbezogen werden.“ Dr. Nehring befürwortet einen Staubeirat, der fachlich kompetent für Transparenz sorgen werde.
Alle Anwesenden sind sich klar darüber, dass es keine einfachen Lösungen für die Wasserregulierung im Großen Bruch geben wird. Man müsse sehr differenzieren und auch rechtlich ist noch vieles zu klären. Der gemeinsame Wille, das als Niedermoor bezeichnete Gebiet nicht weiter austrocknen zu lassen, wurde festgestellt. Von Wiedervernässung des Landschaftsschutzgebietes ist jedoch nicht mehr die Rede. Im März wollen sich alle Beteiligten wieder zusammenfinden.
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