Allgemein-Verbandsnachrichten

Kraftvolle Stimme, das Herz auf der Zunge – so vertrat Hans-Joachim Kraus fast ein viertel Jahrhundert die Landwirte im Bauernverband „Börde“. Vor wenigen Tagen erhielten sie die Nachricht vom Tod ihres Ehrenvorsitzenden und erinnern sich in Dankbarkeit an seine Verdienste.

Verantwortung in schwieriger Zeit übernommen

Mit gerade 40 Jahren übernahm Achim Kraus Verantwortung als Vorsitzender des frisch gegründeten Bauernverbands Wolmirstedt. Das Jahr 1990 und die folgenden Jahre waren von großer Unsicherheit geprägt. Der politische Umbruch stellte die Landwirtschaftsbetriebe und das Leben auf den Dörfern insgesamt vor große Herausforderungen. Achim Kraus schaffte es einen Verband aufzubauen unter Einbezug aller landwirtschaftlichen Strukturen. Sowohl LPG-Nachfolger als auch Wiedereinrichter versammelten sich im Verband, der für eine faire Behandlung der Landwirte in ihren verschiedenen Strukturen eintritt.

Kraftvolle Stimme, das Herz auf der Zunge – so vertrat Hans-Joachim Kraus fast ein viertel Jahrhundert die Landwirte im Bauernverband „Börde“.

Herausforderungen angenommen

In den folgenden Fusionen mit dem Landwirtschaftlichen Unternehmerverbund Haldensleben zum Bauernverband Ohrekreis und später mit den südlichen Gebieten zum heutigen Bauernverband „Börde“ setzten die Landwirte immer wieder auf Achim Kraus als Vorsitzenden. Neben der EU-Agrarpolitik bedurften auch vor Ort zahlreiche Herausforderungen, wie große Infrastrukturprojekte, die Einrichtung von Großschutzgebieten, der Flächenfraß durch Siedlungs- und Straßenbau oder die Neuordnung der Gewässerunterhaltung einer überzeugenden Interessenvertretung.
Achim Kraus hatte keine Scheu auf die Politik zuzugehen, mit Argumenten zu überzeugen und die Entscheidungsträger auf ihre Zusagen festzunageln. Sein langjähriger Geschäftsführer Wolfgang Köhler erinnert sich noch an manch Anekdote aus der gemeinsamen Zeit, wenn sie zusammen beim Bundeslandwirtschaftsministerium oder der EU-Kommission für ihre Landwirte vorsprachen. Mit Achim hat er sich an die Schreibtische der großen Politik gesetzt und ist zumeist erst mit einer Lösung wieder aufgestanden.

Eine der größten Bauern-Demonstrationen fand am 23. Mai 2009 statt. Per Sternfahrt reisten aus der Bundesrepublik rund 6.000 Landwirte mit ihren Traktoren nach Berlin, um ihrem Unmut Luft zu machen. Eine Gruppe aus der Börde mit Achim Kraus an der Spitze (rechts) nahm eine Delegation der Landjugend aus dem Rheinland auf, um gemeinsam am Folgetag nach Berlin zu fahren.

Politik in die Pflicht genommen

Als die damals erste grüne Agrarministerin Deutschlands, Renate Künast, ins Amt kam, führte sie der erste Praxisausflug nach Colbitz in den Milchviehbetrieb von Achim Kraus. Es ging darum ihr die Besonderheiten der ostdeutschen Agrarstruktur zu vermitteln, die Umsetzung von Tierwohl in den Ställen älterer Bauzeit zu zeigen und ein paar allgemeine Grundlagen zu vermitteln. Erst in Colbitz hat Frau Künast zum Beispiel erfahren, dass Kühe jedes Jahr ein Kalb bekommen, um anschließend Milch zu geben.
Die Förderung der Milchviehhalter lag Achim Kraus besonders am Herzen. Er gründete die Colbitzer Initiative als Zusammenkunft der Milchviehhalter. Die Molkereien wurden in die Diskussionen eingebunden, wo es zu teils heftigen Auseinandersetzungen um die besten Lösungen für die Landwirte kam. Mit den Erkenntnissen aus diesen Runden hat Achim Kraus auch die Arbeit des Milchausschusses im Landesbauernverband geprägt.
Selbst geführt hat er den Ausschuss für benachteiligte Gebiete. Ziel der Agrarpolitik war es die Bewirtschaftung der Kulturlandschaft flächendeckend sicherzustellen, also auch in Gebieten, wo es die Ertragsfähigkeit der Böden den Landwirten schwer macht, auskömmlich zu wirtschaften. Diese natürliche Benachteiligung galt es so weit als möglich zu neutralisieren. So setzte sich Achim Kraus intensiv für die Anerkennung von Standortnachteilen und die Zahlung einer Ausgleichszulage ein, deren Abschaffung immer wieder Thema ist.

Ernennung zum Ehrenvorsitzenden – es gratulierten (von links): die damals stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Ronald Westphal und Achim Klette, DBV-Präsident Joachim Rukwied, Landrat Hans Walker, Landesbauernpräsident Frank Zedler, Landeslandwirtschaftsminister Dr. Hermann-Onko Aeikens und Kreisgeschäftsführer Wolfgang Köhler.

Verbandsarbeit über Jahrzehnte geprägt

Neben all der politischen Arbeit sollte aber auch die Freude nicht zu kurz kommen. Über Jahre wurde der „Ball der Landwirte“ in Wolmirstedt organisiert. Auch manche Exkursion stand in den Kalendern, um den überregionalen Austausch im Berufstand zu fördern.
Seinen Verdiensten zu Ehren und in Anerkennung seiner ehrenamtlichen Arbeit für den Berufsstand ernannte ihn der Landesbauernverband zum Ehrenmitglied und der der Bauernverband „Börde“ zum Ehrenvorsitzenden. Zur Auszeichnung im Frühjahr 2014 gaben sich der damalige Landwirtschaftsminister Dr. Hermann Onko Aeikens und der deutsche Bauernpräsident Joachim Rukwied die Ehre. Die Berufskollegen und die Mitstreiter im Bauernverband trauern mit seiner Familie um ihren Verlust und werden ihm seiner in Dankbarkeit gedenken.

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