Saatkuhnelke, Ackerröte, Spießblättriges Tännelkraut. Schöne Namen. Hübsche Blüten. Und ganz selten. Es handelt sich um Ackerwildkräuter, deren Samen hunderte Jahre im Boden überstehen können, die aber in unserer Kulturlandschaft nur noch selten geeigneten Lebensraum finden; so gibt es zu wenige extensiv bearbeitete Äcker, Ackerränder oder Brachestreifen.
Informationsveranstaltung im Dorfgemeinschaftshaus Bornstedt
Dr. Heino John, Mitarbeiter im Modellprojekt „Verbesserung der Situation der Ackerwildkräuter in Sachsen-Anhalt“, stellte diese besonderen Pflanzen kürzlich in Wort und Bild einem interessierten Publikum vor, welches sich dem Schutz dieser kleinen Schönheiten widmen will. Landwirte, Verantwortliche aus Verwaltungen und Fachleute hatten sich zu einer Informationsveranstaltung im Bornstedter Dorfgemeinschaftshaus zusammengefunden. Eingeladen hatte die Stiftung Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt, die sich als Partner der Landwirte und Mittler zwischen Naturschutz und Landwirtschaft versteht. Leider sind Ackerwildkräuter bei den Bauern nicht sehr hoch angesehen und werden im Volksmund einfach Unkraut genannt. Gemeint sind damit aber eher die lästigen Begleiter unserer Kulturpflanzen wie Disteln, Gräser, Melde und Quecke. Es ging in Bornstedt aber um die seltenen Ackerwildkräuter, insbesondere um deren Wiederetablierung und Bestandssicherung als Beitrag zur Biodiversität im Allgemeinen.Die Veranstaltung wurde von Geschäftsführer, Dr. Jens Birger, mit Fakten zur 2016 vom Landesbauernverband und einigen Kreisgeschäftsstellen der Bauernverbände gegründeten Stiftung eingeleitet.
Viele Naturschutz- und Biodiversitätsprojekte im Land werden bereits von den Fachleuten der Stiftung begleitet und umgesetzt. Zur Artenvielfalt gehöre, so Birger, auch die Genressource der Ackerwildkräuter, deren Bestände besonders bedroht und daher schützenswert seien.
Landwirtschaft und Naturschutz im Einklang
Anna Schumacher, Projektmitarbeiterin im Ackerwildkrautprojekt, erläuterte vor den etwa 50 Zuhörern, wie sich die Stiftung dem Thema annähert. Keinesfalls wolle man landwirtschaftliche Produktion in Frage stellen, „sondern mit den interessierten Bauern betriebs- und flächenangepasste Konzepte erarbeiten und gemeinsam umsetzen.“ Die Mitarbeiter der Stiftung haben sich bereits auf dem Gebiet Sachsen-Anhalts umgesehen, nutzen Synergien mit anderen Artenschutzprojekten und erfassen momentan den Status der Ackerwildkräuter mit Fachleuten wie dem erfahrenen Botaniker Dr. John. Hier sind für die Stiftung besonders Sand-, Kalkscherben- und Feuchtäcker interessant. Samen der Ackerwildkräuter schlummern oftmals im Boden und warten dort auf günstige Lebensbedingungen. „Wir möchten nun Landwirte motivieren, sich mit uns in Verbindung zu setzen und kostenlos und unverbindlich geeignete Flächen für die seltenen Ackerwildkräuter zu finden“, so Schumacher. „Im extensiv angebauten Getreide, pflanzenschutzmittelfrei und mit geringer Ansaatdichte bestellt, können die fast ausgestorbenen Arten gut wieder etabliert werden. Ertragseinbußen müssen natürlich ausgeglichen werden.“ Dr. Birger fügte dem hinzu, dass dafür insbesondere Produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen (PIK) eignen, denn die finanzielle Absicherung hierfür betrage 25 bis 30 Jahre. „Das ist nachhaltig, denn wir begleiten die Landwirte und beobachten die Flächen über die ganze Zeit. Auf diesen artenreichen Äckern werden Insekten und Vögel ein reichhaltiges Nahrungsangebot finden.“ Seine Ausführungen zu PIK – „ein Weg zur Sicherung von Flächen zum Ackerwildkrautschutz“ vertieften die vorherigen Erklärungen: „Die Stiftung plant, realisiert und kontrolliert mit den Landwirten die standortangepasste Aussaat heimischer Ackerwildkräuter. Zudem kooperieren wir bei all unseren Projekten mit allen kompensationspflichtigen Eingriffsverursachern, öffentlichen Trägern und Flächenbesitzern. Sprechen Sie uns an!“Austausch im Netzwerk pflegen, Rat erhalten
Der zweite Teil des Tages widmete sich einem weiteren, im Januar gestarteten Projekt der Stiftung: „Plattform Landwirtschaft und Naturschutz für Biodiversität in Sachsen-Anhalt“, das von Dr. Antje Birger vorgestellt wurde. In diesem Projekt geht es vorrangig um die Netzwerkbildung und den Erfahrungsaustausch zwischen naturschutzerfahrenen Landwirten, Fachleuten und interessierten Neulingen. Dafür werden interessierte Landwirte gesucht, die bereit sind, als „Botschafter“ ihre praktischen Erfahrungen bei der Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen an Berufskollegen weiterzugeben.
Im Rahmen der Auftaktveranstaltung zu diesem Projekt hatte die Stiftung Sandra Mann von der Hochschule Anhalt in Bernburg, Fachbereich Landwirtschaft, Ökotrophologie und Landschaftsentwicklung eingeladen, die einen Fachvortrag über die „Anlage und Pflege von Blühstreifen und Blühflächen unter landwirtschaftlich relevanten Bedingungen“ hielt.
Gespräche am Feldrand
Alle Teilnehmer der Veranstaltung waren im Anschluss zu einer Exkursion nach Brumby eingeladen. Hier brachte eine Drillmaschine im Auftrag der Familie von Bodenhausen die Saat für eine Blütenfläche in den Boden. Der Betrieb von Albrecht und Almuth von Bodenhausen ackert auf etwa 500 Hektar um Brumby. Auf knapp einem halben Hektar gefräster Brache wurde nun die bewährte mehrjährige Blühmischung „Sachsen-Anhalt Löß, Lehm, trocken“, die sich ausschließlich aus gebietseigenen Wildarten zusammensetzt, in die Erde gebracht. Unter den Augen und reger Anteilnahme des kritischen Fachpublikums wurde die Drillmaschine für diese Zwecke eingestellt.
Sandra Mann: „Der Teufel steckt auch hier im Detail.“ Gemeint war die Drilltechnik, die die Saat zwar wie gefordert oberflächig und angedrückt ausbringen konnte, aber kleine Wälle zwischen den Saatreihen errichtete, welche bei Starkregen das Saatgut abdecken könnten. „Das ist nicht optimal, aber hier nicht anders machbar“, so die praxiserfahrene Expertin.Weitere Informationen zu allen Projekten und die Kontakte finden Sie auf der Internetseite der Stiftung Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt: stiftung-kulturlandschaft-sachsen-anhalt.de
Das Ackerwildkrautprojekt wird gefördert vom Land Sachsen-Anhalt und dem Europäischen Landwirtschaftsfond für die Entwicklung des ländlichen Raums.
Das Plattformprojekt wird gefördert durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) und finanziert mit Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).
Text und Fotos: Barbara Ilse
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