Allgemein-Bildung + Berufsnachwuchs-Tierhaltung

900 Kühe bekommen Besuch von der Klasse 5/3

900 Milchkühe, die 25 000 Kilogramm Milch pro Tag geben, ein Schlepper mir 600 PS, eine Rübe, die ausgewachsen so groß wie ein Fußball wird – staunend hören die Kinder Sebastian Arndt und Erik Sander zu. Trotz alledem ist plötzlich eine kleine Schnecke auf dem Rübenblatt wichtiger als alles andere. Anna und Enni müssen sie unbedingt und unverzüglich durch ein Spalier von wachsamen Kindern zur Wiese bringen und vorsichtig auf einem Grashalm absetzen. Dann kann es weitergehen im Text.

Nein, das ist keine Bohnenpflanze – Erbse!

Die beiden Mädchen und ihre 25 Schulkameraden der Klasse 5/3 aus dem Hegelgymnasium sind heute in Stemmern auf dem Hof der Milchviehanlage der Tonkens Agrar AG zu Gast. Sie werden begleitet von Geographielehrerin Wenke Girmann, die die Ausflüge mit Ihrem Kollegen Sven Lisurek geplant hat. Alle fünf 5.Klassen der Magdeburger Schule besuchen den Betrieb in diesen Tagen, denn im Unterricht waren Boden, Klima oder auch Ernährung Themen im Unterricht und der Bauernhofbesuch bildet den krönenden Abschluss im zu Ende gehenden Schuljahr.

Anna und Enni lassen sich von Erik Sander die Herstellung und Verwendung von Maissilage erklären

Im Rahmen des Projektes „Grünes Klassenzimmer“ organisiert der Bauernverband „Börde“ e.V. solche Besuche von Schulklassen in landwirtschaftlichen Betrieben. Der Verband findet Betriebe und bezahlt zum Beispiel die Busfahrten. Für die Firmen ist das ein großer Aufwand, benötigen diese Schulausflüge doch einiges an Vorbereitung, unter anderem Sicherheitsmaßnahmen im laufenden Betrieb und natürlich kompetente Begleiter. Herdenmanager Sebastian Arndt und Erik Sander, verantwortlich für den Bereich Pflanzenanbau im Betrieb, gehen in zwei Gruppen mit den Kindern durch das große Betriebsgelände. Erik Sander hat einige der Ackerkulturen, wie sie jetzt gerade gewachsen sind, vorbereitet. Die Schüler dürfen raten, was er hochhält. Getreidesorten können sie noch nicht unterscheiden, aber Rüben und Raps erkennen sie. Die von ihnen als Bohne identifizierte Planze ist eine Erbse – aber sie hören gut zu, wenn Fachmann Sander freundlich belehrt und über die Verwendung oder Verarbeitung aufklärt. Sie haben natürlich auch viele Fragen: „Was braucht man für einen Boden für den Weizenanbau?“ „Kann man die Körner wirklich essen?“, „Wie kriege ich denn die Rapsschote auf?“, „Was macht man mit dem Rest, wenn nur 20Prozent Zucker in der Rübe sind?“ Sander erklärt alles geduldig und bezeichnet dabei zum Beispiel Luzerne als „Superfood“, als Salat im Kuhessen, so dass die Kinder auch diese eher unbekannte Kultur einordnen können. Auf dem Technikhof und auch bei vorbeifahrenden Maschinen wollen die Jungen zu gern wissen, wieviel PS sie haben oder was sie kosten. Der am Futterlager rangierende Futtermischwagen erregt großes Interesse: „Was macht der denn da?“, fragt Bennet. Sanders Antwort: „Der ist gerade in der Speisekammer für die Kühe und mischt nach Rezeptbuch das Essen zusammen.“ Die Funktion einer Biogasanlage erklärt Sander auch schön kindgerecht: „Hier arbeiten die meisten meiner Mitarbeiter, die Bakterien. Wir füttern sie. Sie pupsen. Das Gas wird verbrannt, dann zu Strom und damit könnt ihr in Magdeburg Fernsehgucken.“ Auf dem Kartoffelacker dürfen die Kinder dann eine große Runde über die Furchen springen, bis ihr Bewegungsdrang leidlich gestillt ist. Frühstückspause mit Attraktion: Sanders Dackel Lotta wird von vielen kleinen Händen durchgestreichelt. Anschließend übernimmt Herdenmanager Sebastian Arndt die Gruppe und führt die Kinder endlich zu den Kälbern. Jungs wie Mädchen gehen ganz vorsichtig an die Kälbchen zum Streicheln heran und sind ganz stolz, wenn sie Ihnen aus der Hand fressen. Arndt schüttet einen Sack Pellets in eine Schubkarre und so können die Kinder mit Schippen oder vollen Händen die Tröge füllen. Die Kälbchen machen sich zur Freude der Schüler gierig über die ungewohnte Zwischenmahlzeit her. Arndt erläutert derweil seinen kleinen Zuhörern, dass die Tiere altersmäßig in Gruppen im Stall aufsteigen, dass sie 12 bis 14 Wochen Milch bekommen und dabei pro Tag 900 Gramm zunehmen, dass eine ausgewachsene Kuh rund 240 Kilo wiegt, dass Lieblingskühe Namen haben und Hawaii und Hilde Heidis Töchter sind. Heu ist aus Gras und Stroh der Rest vom Getreide, das wissen die Kinder. Schubkarre schieben oder mitfahren wird alsdann zum großen Spaß und so geht es mit Gejohle zu den schwangeren Kühen und den neugeborenen Kälbchen, die unter Rotlicht liegen. Hier wird es schnell wieder ruhig und „Oh, wie süß!“ zum meistgesagten Satz, als Arndt die kleine Box mit „frischgeschlüpftem“ Kälbchen für Streicheleinheiten öffnet. Schwanger, Besamung, Bulle, Vererbung – das wird alles ohne Hemmungen abgefragt und sachlich von Arndt erklärt. Danach wird noch die Melkanlage angeschaut und der Gülleschieber im Stall mit skeptischen Blicken und gerümpfter Nase begleitet. Erstaunt sind die Schüler, dass die Kühe ganz geruhsam drübersteigen.

(von links) Herdenmanager Sebastian Arndt , Lehrerin Wenke Girmann und Pflanzenchef Erik Sander besprechen kurz den Rundgang der Klasse in zwei Gruppen

Mit vielen neuen Eindrücken geht der Besuch der Schulklasse zu Ende und Busfahrer Mario Niedworok, der die Gelegenheit für einen Betriebsrundgang ebenfalls genutzt hat, bringt die Klasse und ihre Lehrerin wieder nach Magdeburg zurück.

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