Allgemein-Tierhaltung

Schnitzel, Leberwurst, Grillfleisch und Bouletten wachsen nicht auf Bäumen, sondern im Schweinestall. Um Fleisch und Wurst essen zu können, bedarf es der Schweinezucht. Das machen Landwirte und damit es genug Fleisch und Wurst gibt, müssen die Tiere in ausreichend großer Menge aufgezogen werden.
Pro Ferkel bekommt der Züchter zurzeit 20 bis 25 € bezogen auf 25 Kilogramm. Für Gewichts-, Transport- und Qualitätszuschläge werden zwischen 11 und 13 € zusätzlich realisiert. Die Kosten der Aufzucht belaufen sich auf 55 bis 60 €, durch weitere Auflagen auch teilweise schon auf deutlich mehr. Der Verlust liegt also im günstigsten Fall bei 17 € und im ungünstigsten Fall bei über 30 € pro Ferkel. Die derzeit steigenden Energie- und Futterkosten tun ihr Übriges. Dieses Missverhältnis halten die Landwirte nicht mehr lange aus. Hinzu kommt die seit längerem drohende Afrikanische Schweinpest, die die jeweiligen Absatzmöglichkeiten einschränkt. Zudem wurden nach dem Ausbruch der Covid 19 Pandemie Mäster ihre Schweine nicht los, weil Schlachtereien zeitweise schließen mussten. Die Folge war ein Rückstau von Ferkeln in den Ferkelaufzuchtbetrieben. Höhere Anforderungen an das Tierwohl, unter anderem die Kastration unter Isoflurannarkose sowie ein höheres Platzangebot im Deckzentrum und im Abferkelstall, welche die Tierhalter gern umsetzen möchten, verlangen Investitionen, die bei diesen Preisen einfach nicht mehr möglich sein werden. Viele Schweinezüchter im Land müssen aufgeben.

LFD gibt Einblicke in Sauenhaltung

Die Ferkel haben genug zu tun mit Spielen, Rennen, Fressen, Saufen und Schlafen.

Noch verlassen 4.000 Ferkel wöchentlich die Ferkelzuchtanlage der LFD Holding GmbH in Gladau bei Genthin. Die Holding betreibt mit 400 Mitarbeitern Ferkelzuchtbetriebe an mehreren Standorten in Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen. Mitglied der Geschäftsführung war bis vor kurzem Heidrun Spengler-Knappe aus Hadmersleben, die nun als Beraterin der Holding weiterhin zur Verfügung steht und seit Jahren auch im Vorstand des Kreisbauernverbandes Börde aktiv ist. Mit ihr ist ein Besuch in der Aufzuchtanlage nach strengstem Hygienestandard möglich: Alle Angestellten wechseln nach automatisierter Duschzeit ihre Sachen, auch die Unterwäsche. Zum Feierabend die gleiche Prozedur andersherum. Die Waschmaschinen laufen ununterbrochen. Stiefelduschen und Desinfektionswannen überall. Ein empfindliches System.
Von dem 15 Hektar großen Anlagengelände nehmen die Schweineställe eine Fläche von 8 ha ein. Derzeit sind in den Ställen 5.050 Sauen- und 22.000 Ferkelplätze belegt. Von zahlreichen Gängen führen viele Türen in die einzelnen Stallabteilungen. Nur die 25 Mitarbeiter beherrschen das Labyrinth und natürlich ihren Job.

Sau+Eber=Ferkel

Nach fünf Tagen im Kastenstand kommen die besamten Sauen wieder in eine Gruppe.

Die Zuchtsauen werden rund zweimal im Jahr Mutter von bis zu 15 Ferkeln. Außerhalb dieser besonderen Zeit laufen sie in Gruppen in großen Bereichen, werden gut gefüttert, können spielen, herumlaufen, zeitweise auch in einer sogenannten Arena, einer überdachten Außenanlage. Für die Zeit der Besamung, kommen die Sauen in einzelne Kastenstände. Einige stattliche Eber wandeln zur Stimulierung vor ihnen im Gang, während die künstliche Besamung erfolgt. In dem Kastenstand stehen die Sauen in Gladau sowie in allen Ställen der LFD Holding 5 Tage. Danach werden die tragenden Sauen in der Gruppenhaltung in einem großzügigen Wartebereich betreut. Drei Monate, drei Wochen und einen Tag, sagte man früher, dauert die Tragezeit bei Schweinen, also rund 114 Tage. Fünf Tage vor dem Abferkeln werden die Sauen in den Abferkelbereich umgestallt. Im Abferkelstall liegen sie bis zum Abferkeln, wie die Geburt bei Schweinen genannt wird, und bis zum Ende der Säugezeit von 28 Tagen, in einem Ferkelschutzkorb (Kastenstand).

Tierwohl ist wichtig für gesunde Absetzer

Mit 7 bis 9 Kilogramm werden die Ferkel abgesetzt und im Alter von etwa 11 Wochen mit 25 bis 28 Kilogramm Gewicht verkauft. Bis dahin haben sie es sehr gut, denn das Ziel sind gesunde Ferkel. Immer etwa 18 hübsche neugierige rosa Ferkel sind in den einzelnen Buchten im sogenannten Flatdeck eingestallt. Sie haben es kontrolliert warm bei 27 bis 29 Grad Celsius, bekommen Flüssigfutter, haben ständig Zugang zu frischem Wasser über genügend Tränkenippel, viel Licht und ein großzügiges Angebot an Beschäftigungsmaterial (Jutesäcke, Seile, Strohpellets, Beißringe). Sie stehen auf perforierten Kunststoffmatten, damit Kot und Urin abfließen können. Die tierschutzrechtlichen Vorgaben sind streng, Kontrollen gibt es ständig. Dreiviertel aller in Deutschland gezüchteten Ferkel bleiben im Land.

Die kleinen Ferkel haben genug Platz, um sich zwischendurch von der Sau entfernt zu bewegen und zu schlafen.

Um das Verletzungsrisiko für Sau und Ferkel gering zu halten, sind Kastenstände unumgänglich. Die Ferkel müssen von der Mutter weggehen können. Die Sau muss aufstehen können ohne die Ferkel zu gefährden. Ein Dilemma, sind doch die Zuchtsauen unterschiedlich groß, lang und als Mutter erfahren. In Gladau sind die Sauen höchstens 76 Tage im Jahr in einem Kastenstand.

Sauenhaltung in regionale Kreisläufe eingebunden

In der variationsreichen Holding ist der Lebenslauf der Schlachtschweine abgesichert: Das Sperma kommt aus eigener Produktion, die Zuchtsauen ebenfalls. Auch ein geringer Teil Mastplätze steht innerhalb der Holding zur Verfügung.
In der Gladauer Biogasanlage mit 2,2 Megawatt werden 60 Prozent der anfallenden Schweinegülle verwertet. Die bei der Stromerzeugung anfallende Wärme wird zur Beheizung der Ställe genutzt. Dabei wird weitestgehend auf fossile Brennstoffe verzichten und somit zur Reduzierung der CO2 Emissionen beigetragen. Zudem werden auf rund 60 Prozent der Dächer der Stallanlagen Solaranlagen betrieben.
Bauern im Umland liefern einen großen Teil der Rohstoffe, vorwiegend Silomais für die Biogasanlage und Gerste für die eigene Futtermischanlage zur Versorgung des Tierbestandes. Regionale Produktion in großem Stil. Fleisch und Wurst im Supermarkt soll billig sein; die Preise steigen aber gerade an. Steigende Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse müssen auch beim Tierhalter oder Anbauer ankommen.

An der Grenze der Wirtschaftlichkeit

Heidrun Spengler-Knappe an einem der Flatdecks in der Ferkelzuchtanlage.

Heidrun Spengler-Knappe fasst die missliche Lage zusammen: „Zu diesen Preisen können auch wir nicht mehr lange produzieren. Auf die Preisschwankungen in der Schweinehaltung haben wir uns eingestellt und konnten aufgrund unserer Größe Niedrigpreisphasen bisher besser ausgleichen als kleinere landwirtschaftliche Unternehmen, aber jetzt ist die Schmerzgrenze erreicht. Um die Umstellung der Landwirtschaft insbesondere der Tierhaltung mit Umbaumaßnahmen für mehr Tierwohl und Minderung der Emissionen zu realisieren, bedarf es einer deutlich höheren Vergütung unserer unter höchsten Standards gezüchteten Tiere.
Wenn jetzt nicht gehandelt wird, kommt das Schnitzel auf dem Teller bald nicht mehr aus Deutschland.“

Text und Fotos: Barbara Ilse

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