Am 13. Juni trafen sich in Bernburg die Präsidiumsmitglieder des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt, um sich mit politischen Fragen zur Nutztierhaltung auseinanderzusetzen. Zur Darstellung der Vielzahl in Verbindung mit der Haltung von Schweinen, Rindern und Geflügel stehenden Herausforderungen, führte Roger Fechler vom Deutschen Bauernverband in aktuelle Verhandlungen ein.
Schweinehaltung unter großem Regelungsdruck
Den größten Stapel an laufenden Regelungsverfahren hat derzeit die Schweinehaltung. Kürzlich veröffentlicht wurde der Entwurf zur Novelle der Tierschutznutztierhaltungsverordnung, die neue Anforderungen an die Haltung von Sauen im Deckzentrum und für den Abferkelbereich definiert. Die Verweildauer in Kastenständen und deren Abmessungen sollen unter anderem praktikabel geregelt werden. Der Bauernverband fordert hierbei Bestandsschutz von bisher genehmigten Sauenställen, um einen Strukturbruch zu vermeiden, beziehungsweise lange Übergangsfristen von mindestens 15 Jahren. Gehofft wird auf eine baldige Einigung, um Planungssicherheit für anstehende Stallum- und -neubauten zu bekommen.
Weiterer Diskussionspunkt ist die Kastration männlicher Ferkel. An dieser Stelle verweisen wir auf einen kürzlich veröffentlichten Artikel: https://bauernverband-boerde.de/kein-bauer-kastriert-gern-kleine-ferkel/ . Der Bauernverband fordert, dass über das QS-System nur noch Ferkel auf den deutschen Markt gelangen, die unter den gleichen Bedingungen aufgezogen wurden – also per Vollnarkose mit Isofluran betäubt wurden, mit Improbac gegen die Entstehung von Ebergeruch geimpft sind oder komplett unkastriert sind. Zusätzlich brauchen durch die höheren Kosten zur Narkose bei der Kastration Sauenhalter einen Betäubungszuschlag vom Abnehmer. Parallel muss die Forschung für weitere Verfahren zur Lokalanästhesie vorangetrieben werden, die Absatzchancen für Jungeber verbessert und die Akzeptanz in der Bevölkerung für die Immunokastration mit Improbac gesteigert werden.
Zur Jahresmitte wird schließlich der Bund-Länder-Aktionsplan zum Kupierverzicht wirksam, wo Sauenhalter und Schweinemäster konkret analysieren und planen müssen, wie sie künftig auf das kupieren des letzten Schwanzdrittels zur Vermeidung von Schwanzbeißen verzichten können. Dabei sind auch unkupierte Tiere zu halten, auf Verletzungen zu prüfen und in Kooperation mit dem bestandsbetreuenden Tierarzt deren Haltung zu optimieren.
Tierwohl und Herkunft kennzeichnen
Die Initiative Tierwohl hat sich in den vergangenen Jahren ebenfalls erfolgreich entwickelt und steht nun vor einer neuen Phase, für die Teilnahmekriterien und finanzielle Vergütungen überarbeitet werden. Gleichzeitig arbeitet man an Transparenz für die Auszeichnung des Fleisches, das tatsächlich aus Betrieben mit einem höheren Tierwohllevel kommt. Die Tierwohlkennzeichnung wird auch vom Bundesministerium vorangetrieben, wo der Bauernverband eine enge Verzahnung mit der Initiative Tierwohl fordert, aber auch eine Herkunftskennzeichnung, wie sie schon beim Rindfleisch seit Jahren gilt. Nach dem Vorschlag des Bauernverbandes gäbe es dann vier Stufen: 0 – unter deutschem Standard, 1 – deutscher gesetzlicher Standard, 2 – plus Tierwohl und 3 – Premium. Bestehende Labels wie Neuland oder die Siegel des Deutschen Tierschutzbundes ließen sich hier problemlos zuordnen.
gesellschaftlichen Konsens herstellen
Auch in den anderen Tierarten gibt es Diskussionen in Gesellschaft, Politik und Verwaltung. Im Geflügelbereich sind das Töten männlicher Eintagsküken von Legehennenrassen oder das Abstumpfen der Schnabelspitzen Themen. Im Bereich der Rinderhaltung werden die Hornlosigkeit oder die Haltungskennzeichnung diskutiert. Tierartübergreifend stehen Transporte zur Debatte, wird über den Nachweis von Sachkunde für Tierhalter gerungen oder weitere rechtliche Leitplanken, zum Beispiel aus dem Umwelt- oder Baurecht, bearbeitet.
Fechler stellt fest, dass die etablierte Praxis in der Vergangenheit von Politik, Verwaltung und Forschung getragen wurde. Inzwischen kommt man jedoch in allen Bereichen zu neuen Einschätzungen, wo der Landwirtschaft Phasen der Umstellung eingeräumt werden müssen und nicht von heute auf morgen alles anders sein kann. Die Landwirtschaft bewegt sich und sucht händeringend nach Lösungen. Ziel ist es einen gesellschaftlichen Konsens zu erzielen, der für Landwirte Planbarkeit, Verlässlichkeit und Vertrauen wiederherstellt. Zuletzt kamen eher immer mehr Themen aufs Tableau, ohne dass ein bestehendes Problem komplett ausgeräumt wurde.
von Lust und Frust mit dem Bauen
In einem sich anschließenden Vortrag der Landgesellschaft ging es dann um Lust oder Frust im landwirtschaftlichen Bauen von Tierställen. Es wurde aufgezeigt, mit welchen Neuerungen sich Landwirte beschäftigen, wenn sie Emissionen verringern wollen, Umweltwirkungen minimieren oder das Tierwohl verbessern wollen. Es wurde aber auch aufgezeigt, welch riesiger Aufwand damit verbunden ist, die sehr komplexen Regelungen in der Planung von Stallum- oder -neubauten zu berücksichtigen. Hinzu kommt eine oft sehr lange Dauer der Genehmigungsverfahren. Verpasst es der Landwirt frühzeitig mit der Bevölkerung über sein Vorhaben zu sprechen, kann es schließlich im öffentlichen Beteiligungsverfahren kippen. Zu oft jedoch scheitern Umbauvorhaben schon bei der Abwägung der Wirtschaftlichkeit. Die Preise für tierische Erzeugnisse sind vielfach zu niedrig, um ein Polster für Investitionen anzulegen.
Die Diskussion um Veränderungen der Tierhaltung führt zu notwendigen Anpassungsschritten. Genehmigungsverfahren für notwendigen Umbau werden umfangreicher und langwieriger. Die wirtschaftliche Situation vieler Betriebe führt wohl im Laufe der Zeit zu einer weiteren deutlichen Reduzierung der Zahl von Tierhaltungen, weil nicht alle Betriebe die erforderlichen Wege gehen können.
Zum Präsidium des Bauernverbandes gehören der Vorstand des Landesverbandes mit den Vorsitzenden der Kreisbauernverbände sowie die Vorsitzenden der Fachausschüsse und Vertreter der assoziierten und fördernden Mitglieder. Zusätzlich eingeladen waren auch die Vorstandsmitglieder der Kreisbauernverbände.
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