Allgemein-Ländlicher Raum-Natur + Umwelt-Tierhaltung

Die Risszahlen von Nutztieren haben im zurückliegenden Monitoringjahr ihre dramatische Entwicklung weiter fortgesetzt. Die Ursache dafür sieht der Bauernverband weniger in der leicht steigenden Zahl von Wolfsrudeln, sondern eher in der ausbleibenden Bejagung von Problemtieren. Die Entnahme von Wölfen ist zwar kein populäres Thema, dennoch ist eine zielgerichtete Auseinandersetzung damit dringend notwendig, um den Dauerkonflikt von Weidetierhaltung und Großraubwild zu entschärfen.

Leichter Anstieg der Wolfszahlen

Das Landesamt für Umweltschutz hat mit vielen Helfern eine leichte Zunahme des Wolfsbestandes feststellen können. Auf der Pressekonferenz des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft und Energie wurde am 7. Dezember 2020 der jüngste Monitoringbericht der Öffentlichkeit präsentiert. Die Zahl der Rudel in Sachsen-Anhalt stieg von 14 auf 19. Dafür nahm die Zahl der Paare ab und sank von 6 auf 2. Die Zahl der grenzüberschreitend lebenden Wolfsrudel wurde bei 4 fortgeschrieben. Insgesamt nahm die Zahl der Individuen nach Einschätzung der Fachbehörde zu von 139 auf 154 inklusive der grenzüberschreitend aktiven Wölfe. Damit erhöhte sich die Zahl der Wölfe nur um 10%, was mit einer weiteren Abwanderung von jugendlichen Wölfen in westlich gelegene Lebensräume und einer gesunkenen Reproduktion begründet wird.

Schafe immer häufiger Opfer von Wolfsangriffen

Anders hingegen entwickelten sich die Risszahlen, wo knapp eine Verdoppelung der gemeldeten Fälle festzustellen war. Von 51 Fällen im Monitoringjahr 2018/2019 stieg die Zahl der Risse, wo der Wolf als Verursacher festgestellt wurde oder nicht sicher auszuschließen war, auf 91 im Zeitraum 2019/2020 an. Zwar konnte bei Rindern eine geringfügige Abnahme der Fälle von 19 auf 17 festgestellt werden, im Zeitraum 2017/2018 waren es noch 28 Fälle. Jedoch nahm die Zahl der Wolfsübergriffe auf Schafherden von 29 drastisch zu auf 71. Während man im vergangenen Jahr noch vom Funktionieren der Bemühungen um mehr Herdenschutz sprach, blieb man in diesem Jahr eine Erklärung und vor allem eine Lösung schuldig.

Wolfssicherer Herdenschutz mehrfach überwunden

Der Herdenschutz wurde in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle vom Wolfskompetenzzentrum des Landes als wolfssicher eingeschätzt. Dennoch gelang es Wölfen im Jerichower Land 13 Mal innerhalb eines Jahres diesen Schutz zu überwinden. Erst als die Schafe weg waren, hörten die Übergriffe auf. Im Bundesnaturschutzgesetz wurde die Möglichkeit gegeben, Problemwölfe auch ohne den konkreten Nachweis eines Einzeltiers als Ursache aus dem Rudel schießen zu können. Doch davon wurde noch in keinem Fall Gebrauch gemacht.
Den Aussagen der Ministerin lässt sich auch nicht entnehmen, dass Wölfe jemals in Sachsen-Anhalt bejagt würden. Zuerst würde der Herdenschutz optimiert, in einem zweiten Schritt der vermeintliche Wolf besendert und beobachtet und nur im äußersten Notfall ein Abschuss erwogen. Die Erfahrung aus dem Jerichower Land zeigt, dass zuerst die Weidetiere weg sind, ehe das Problem der Koexistenz gelöst wird. So zeigen doch Erfahrungen aus anderen Gebieten, dass mit einer teilweisen Bejagung der Wolf die Scheu vor dem Menschen wieder erlernt, sich von Siedlungen und Nutztieren fernhält und so das Konfliktpotential erheblich gemindert wird.
Neben dem Leid der Tierhalter durch den grausamen Tod und das qualvolle Leiden ihrer Tiere und der Angst vor weiteren Übergriffen wird vor allem der Nutzen der Weidetiere für die Natur ausgeblendet. Verschwinden die Weidetiere, wird es eng für artenreiches Grünland, Biotoppflege und Offenhaltung von Lebensräumen. Mit der finanziellen Förderung von Herdenschutz oder Rissentschädigung betreibt man nur Kosmetik, packt das Problem aber nicht bei der Wurzel.

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