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Zu viele Wölfe erhöhen den Druck auf die landschaftspflegenden Weidetierhalter. In einer Nacht haben Wölfe aus einer Herde von 250 Schafen insgesamt 42 Tiere erlegt oder zum Tod verurteilt, denn einige sind in Panik im Fluss Ohre ertrunken; Schwerverletzte mussten getötet werden. Das geschah im August 2020 am Ohredeich in Loitsche. Die Sandbeiendorfer Schäfer Joachim und Achim Rohloff hatten bereits vorher mit Wolfsangriffen zu tun: 2015 verloren sie ein Schaf bei einem Wolfsangriff. 2016 töteten Wölfe 15 Schafe bei mehreren Angriffen. Für die letzten 42 Schafe bekamen die Schäfer keine Entschädigung.

Joachim Rohloff

Sie sind traurig, der toten Schafe wegen, wütend auf die arroganten „Könige“ im Wolfskompetenzzentrum und enttäuscht von der Gesellschaft und der Politik, die Wölfen den Weg weiter ebnet und die stetig steigenden Zahlen noch schönredet. Joachim Rohloff: „Es ist doch Unsinn. Der Wolf ist in seiner Art nicht gefährdet. Wenn die ausschließlich Pferde fressen würden, wären die Pferdeliebhaber längst eingeschritten. Die haben eine Lobby, wir Weidetierhalter nicht.“

absolut wolfssicheren Schutz gibt es nicht

90 Zentimeter hohe Elektrozäune schützten die 2020 weidenden Landschaftspflegeschafe auf dem Deich; das sind zwar nur die Mindestanforderungen, aber am Deich hatte es bisher noch keine Wolfssichtungen oder -angriffe gegeben. So waren alle Herdenschutzhunde der Schäfer bei den stärker unter Wolfsdruck leidenden Herden. Auch müssen Deichschafe alle zwei Tage umgekoppelt werden, um genügend Futter zu haben. Da erschweren selbst die empfohlenen Flatterbänder die Arbeit enorm.
„Um unsere Weideflächen gibt es drei Wolfsrudel“, so der junge Schäfermeister Achim Rohloff: „Wenn Wölfe sogar aus den Hausgärten Kamerunschafe anfallen, wie sollen wir dann unsere tausend Schafe draußen schützen?“ Sein Vater ergänzt: „Höhere Zäune nutzen nichts. Die springen einfach drüber und wenn sie ein Schaf getötet haben, verfallen sie in Blutrausch und die Schafe in Panik.“ So geschehen ist es auch auf dem Ohredeich in Loitsche. Die beiden Schäfer wollten nach dem Angriff ihre ausgebrochenen Schafe schnell wieder einsammeln, stellten hastig die umgerissenen Zäune wieder auf, mussten einige ihrer halbtoten Tiere erlösen, andere aus dem Wasser ziehen. Und irgendwann kam dann die benachrichtigte Fachfrau vom Wolfskompetenzzentrum dazu. Joachim Rohloff erinnert sich noch gut: „Sie führte einen Tag lang Protokoll, nahm DNA-Proben, fotografierte, maß Risse, Zäune und Zwischenräume. Am Ende teilte sie uns mit, dass unter der unteren Litze des hastig aufgestellten Zaunes statt der vorgegebenen 20 Zentimeter 23 Zentimeter Abstand zum Boden waren und wir deshalb wohl keine Entschädigung bekommen würden. Haben wir dann auch nicht.“

Schafhaltung am Rand von Heide und Altmark

Die Schäferei Rohloff gibt es seit 2012. Mit drei Flaschenlämmern fing es an. Achim Rohloff brachte sie nach Hause. Eine Schäferlehre in Gardelegen legte den Grundstein zum eigenen Betrieb. Der Vater stieg ein. 800 Mutterschafe, 200 Jährlinge und 100 Lämmer der Rasse Bentheimer Landschaf weiden jetzt um Sandbeiendorf, das zur Gemeinde Burgstall gehört. 1200 Lämmer werden der Hauptlammzeit zwischen Anfang März und Ende Mai erwartet. „Dann sind wir rund um die Uhr bei den Schafen“, so Joachim Rohloff. Aus 5 Herden besteht die konventionell wirtschaftende Schäferei in der Börde. 160 ha gepachtete Flächen werden von ihnen beweidet. Dort wird auch Heu für das Winterzubrot gemacht. Hinzu kommen Dämme und Deiche am Mittellandkanal, die im Auftrag des LHW (Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt) beweidet werden, Ausgleichsflächen für den Autobahnausbau, Wiesen, Äcker sowie Naturschutzecken von Landwirten. So ist Futter über das ganze Jahr vorhanden. Die meisten Schafe werden als Fleischschafe in Schlachtereien verarbeitet. Andere bleiben zur Zucht im Betrieb.

Herdenschutzhunde nicht in jedem Fall geeignet

Elf Herdenschutzhunde wurden bisher angeschafft oder selbst gezüchtet, um dem Wolf entgegen zu treten. „Das ist das Einzige, was hilft“, so Schäfermeister Achim Rohloff. In diesem Jahr sollen sie zertifiziert werden, um in den Genuss der Förderung zu kommen. Erst ein Hund hat diesen Status bisher. „Sie sind nur da, um den Wolf zu vergraulen, machen zusätzliche Arbeit und kosten viel Geld“, so Joachim Rohloff, dem die großen stattlichen Hunde zwar auf Handzeichen und Pfiffe folgen. Die ihm aber leidtun, wenn sie am Deich im Sommer den ganzen Tag fast ungeschützt Hitze und Sonne ausgesetzt sind und im Alter zur Arbeit nicht mehr taugen. „Dann habe ich ein Hundealtenheim zu unterhalten“, fügt er an.

Text und Fotos: Barbara Ilse

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