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Am Rand des Flämings in Schopsdorf trafen sich kürzlich Landwirte mit Landwirtschaftsministerin Prof. Dr. Claudia Dalbert und ihrem Agrarstaatssekretär Dr. Ralf-Peter Weber. Eingeladen hatten die Bauernverbände Salzwedel, Stendal, Jerichower Land, Anhalt, Wittenberg und Börde, um gemeinsam mit betroffenen Bauern vor Ort über die Fortführung der Ausgleichzulage für benachteiligte Gebiete (AGZ) zu sprechen.

Förderung greift dort, wo Aufgabe der Landwirtschaft droht

Angesichts befürchteter knapper werdender Zuwendungen der EU und damit verbundener Einsparpläne war die Fortführung dieser Förderung unsicher. Seit 1975 gibt es die gezielte Förderung von Landwirtschaft durch die Ausgleichszulage, die laut EU-Recht zur dauerhaften Nutzung landwirtschaftlicher Flächen und damit zur Erhaltung des ländlichen Lebensraums sowie zur Erhaltung und Förderung von nachhaltigen Bewirtschaftungsformen dient. Insbesondere dort, wo eine Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung droht, die Agrarflächen nur schwach ertragsfähig sind und aufgrund natürlicher Benachteiligung nur deutlich unterdurchschnittliche Produktionsergebnisse zulassen, gleicht die AGZ wirtschaftliche Nachteile zum Teil aus.

Flächen oft in Schutzgebieten

Die AGZ kann jedoch in Doppelfunktion betrachtet werden. So berichteten die anwesenden Landwirte von der Lage ihrer Flächen in Schutzgebieten, wie Natura2000-, Landschaftsschutz- oder Naturschutzgebieten oder in Biosphärenreservaten. Viele naturräumliche Besonderheiten, schützenswerte Güter in Flora und Fauna sind auf die aktive Pflege der Kulturlandschaft durch praktische Landwirtschaft angewiesen.

Tierhaltung bildet Wertschöpfungspotenzial

Für den Bauernverband „Börde“ schilderte Angela Bradatsch, Geschäftsführerin der Agricola Burgstall Agrar GmbH, die Bedeutung der AGZ. Die 19 Mitarbeiter und 2 Lehrlinge des Unternehmens erzielen den Hauptumsatz mit der Produktion von Milch. Rund um Burgstall kann man noch Rinder auf Grünland sehen und mit etwas Glück die Geburt von Kälbern auf der Weide erleben. Der Verkauf von Ackerfrüchten trägt nur zu etwa 13% zum Umsatz bei, die Fördergelder liegen bei 26%. Dieses Verhältnis verdeutlicht die Wichtigkeit der AGZ für die Aufrechterhaltung der landwirtschaftlichen Produktion.
Die eigene Initiative der Landwirte Wertschöpfung in den Betrieben zu halten, ist das Festhalten an der Nutztierhaltung. Insbesondere die Rinderhaltung sorgt für eine aktive Grünlandnutzung und -pflege und bietet Arbeitsplätze in einer besonders strukturschwachen Region. Doch haben viele Betriebe in den zurückliegenden Jahren die Milchproduktion eingestellt, weil die wirtschaftliche Tragfähigkeit nicht gegeben war oder Arbeitskräfte fehlten, die lieber dem Ruf einer besseren Bezahlung oder attraktiverer Arbeitsbedingungen folgten. Ein Wegfall der AGZ würde vermehrt das Einstellen der Milchproduktion zur Folge haben und zu Artenverlust auf den Grünlandflächen in Folge der Nutzungsaufgabe führen.

Ausgleichszulage als wichtiger Beitrag zur Wirtschaftlichkeit

Auch für die Äcker gäbe es Nachteile: Die Flächen bleiben brach, weil sich eine Bewirtschaftung nicht mehr rechnet. Eine artenarme Trockenrasengemeinschaft etabliert sich und die Vielfalt in der Kulturlandschaft schwindet.
Mit weniger Umsätzen und Wertschöpfung leiden auch die Dörfer unter dem sinkenden Steueraufkommen und dem geringeren Potential zur Unterstützung des dörflichen Lebens, was man in anderen Regionen bereits beobachten kann, wo keine AGZ mehr gezahlt wird. Potenzielle Hofnachfolger erhalten keine wirtschaftlich auskömmliche Perspektive und entscheiden sich vermehrt gegen eine Hofübernahme. Aus gleichem Grund wird nicht mehr investiert, was oftmals nicht schön fürs Dorfbild oder bauausführende Gewerke ist.
Das Treffen in Schopsdorf verließen die Landwirte mit Zuversicht, konnte man der Ministerin und ihrem Staatssekretär doch die Bedeutung der AGZ nochmal verdeutlichen. Insgesamt etwa 6 Millionen Euro wendet das Land dafür jährlich auf, wobei 5 Millionen davon aus Brüssel kommen. Diese Förderung wirkt jedoch auf etwa 196.000 Hektar, was einem Anteil von 23% der landwirtschaftlichen Nutzfläche von Sachsen-Anhalt umfasst. Der Landkreis Börde, der eigentlich für fruchtbare Böden bekannt ist, liegt mit etwa einem Viertel seiner Flächen im benachteiligten Gebiet. Diese erstrecken sich von der Elbaue bei Angern, über die Colbitz-Letzlinger-Heide und den Flechtinger Höhenzug bis zum Drömling.

Finanzierung sichern

Mit den neuesten Beschlüssen zu den EU-Finanzen kann man nicht davon ausgehen, dass in der kommenden EU-Förderperiode mit weniger Geld auch weniger Programme umgesetzt werden müssen. Die Verhandlungen zur künftigen Agrarförderung laufen noch. Der Bauernverband setzt sich dafür ein, dass Förderungen, die nicht originär landwirtschaftliche Ziele verfolgen, wie zum Beispiel der Breitbandausbau, Kita- und Schulsanierung oder Hochwasserschutz, aus Sozial- oder Strukturfonds finanziert werden und damit mehr Geld für die Förderung nachhaltiger Landwirtschaft zur Verfügung steht. Die Förderung einer aktiven Landwirtschaft zur Kulturlandschaftspflege ist dort, wo eine Aufgabe der Landbewirtschaftung droht, ein essenzieller Beitrag zur Förderung der Biodiversität. Bewirtschaftete Äcker sind gerade in benachteiligten Gebieten wichtige Lebensräume für Wildkräuter, Insekten, Feldvögel und Niederwild.

Foto: Kerstin Ramminger, Kreisbauernverband Stendal e.V.

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